Vollzugriff auf E-Mail-Konten von Franchisenehmern – zulässig?
Hier mal wieder ein Beitrag aus der Reihe Fragen & Antworten. Folgende Frage erreichte mich:
Ist es datenschutzrechtlich unbedenklich, wenn ein Franchisegeber Zugriff auf alle Emails seiner selbstständigen Franchisenehmer hat? Es können sowohl Passwörter, als auch Emails mit allen Kundendaten eingesehen werden.
Meine Nachfrage danach, ob es hierzu eine Regelung im Franchise-Vertrag gibt, wurde übrigens verneint.
Meine Antwort:
Ich fasse mich kurz: Nein, der Zugriff des Franchisegebers auf E-Mail-Konten von Franchise-Nehmern ist hier nicht zulässig.
In rechtlicher Hinsicht scheint es hier so zu sein, dass der Franchisegeber E-Mail-Konten unter einer bestimmten Domain für seine Franchise-Nehmer einrichtet. In rechtlicher Hinsicht sind die Franchise-Nehmer keine Beschäftigten i.S.d. § 3 Nr. 11 BDSG (bzw. ab 25.5.2018 nach § 26 Abs. 8 BDSG-Neu). Vielmehr sind diese selbstständige Dritte. Im Hinblick auf die Bereitstellung von E-Mail-Konten besteht zudem ein Anbieter-Nutzer-Verhältnis bzw. ein Anbieter-Kunden-Verhältnis i.S.d. Telekommunikationsgesetzes (TKG).
Der Franchisegeber ist als Diensteanbieter hier nach § 88 TKG verpflichtet, das Fernmeldegeheimnis einzuhalten. § 88 Abs. 2 und 3 TKG machen hier folgende Vorgaben (Hervorhebungen von mir):
(2) Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist.
(3) Den nach Absatz 2 Verpflichteten ist es untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht.
Die Tatsache, dass der Franchisegeber Kenntnis von Inhalten nehmen kann, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, stellt selbst noch keinen Verstoß dar. Wenn aber Zugriff auf E-Mail-Konten genommen wird, ohne dass es hierfür einen technischen Grund gibt (z.B. zur Fehlerbehebung beim Empfang/Versand von Nachrichten), dann liegt m.E. ein klarer Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis vor. Das kann zudem auch nach § 206 StGB strafbar sein.
Scheinbar hat der Franchisegeber im vorliegenden Fall auch Kenntnis von Passwörtern für den E-Mail-Account. Allein das ist schon rechtlich fragwürdig. Denn eine dem Stand der Technik entsprechende Einrichtung eines E-Mail-Accounts würde immer vorsehen, dass der Franchisenehmer selbst ein Passwort wählt, das außer ihm keiner kennt und dass im System auch nur verschlüsselt gespeichert wird („gehashed und gesalzen“).
Die Sachlage könnte u.U. anders aussehen, wenn der Zugriff auf E-Mail-Postfächer im Franchise-Vertrag geregelt wäre. Eine solche Klausel wäre allerdings wohl nur dann wirksam, wenn ein sachlicher Grund für den Zugriff besteht. Ich habe allerdings erhebliche Zweifel, dass ein wirklich sachlicher Grund für einen Zugriff auf Informationen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, vertraglich geregelt werden kann. Meist wird es wohl gleich geeignete, wesentlich weniger in die Persönlichkeitsrechte einschneidende Maßnahmen geben. Das würde Klauseln dieser Art wackeln lassen oder zum Fall bringen.
Wenn jedoch ein Zugriff – wie in der Fragestellung hier – ohne eine Regelung im Franchisevertrag oder gesonderte Regelungen zwischen Franchisegeber und -nehmer erfolgt, liegt m.E. ein klarer Rechtsverstoß vor.