BGH zu Anwälten als Datenschutzbeauftragten – Freiberuflich oder gewerblich

Es ist derzeit noch umstritten, ob die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte/r eine gewerbliche Tätigkeit ist oder ob diese – wenn sie durch Rechtsanwälte durchgeführt wird – auch eine freiberufliche Tätigkeit ist.

Warum ist das wichtig? Das kann steuerliche Konsequenzen für Freiberufler wie Rechtsanwälte haben, weil dann für diese Tätigkeit Gewerbesteuer gezahlt werden müsste. Und noch schlimmer: Es könnte sogar sein, dass diese Tätigkeit dann u.U. die anderen Kanzleiumsätze „infiziert“ und für alle Kanzleiumsätze Gewerbesteuer anfallen kann. Das ist sicher vereinfacht formuliert, reicht aber zum Aufzeigen der Problematik.

Es hat zu dieser Thematik schon mehrere Gerichtsentscheidungen gegeben. Eine alte Entscheidung eines Finanzgerichts, die aber nicht mehr zu den heutigen Tätigkeiten eines Datenschutzbeauftragten passen dürfte. Und dann gab es Entscheidung von Anwaltsgerichtshöfen, die auch eher in die Richtung gingen, dass die Tätigkeit von Datenschutzbeauftragten eine gewerbliche Tätigkeit sei.1 Eine dieser Entscheidungen ist vom BGH bestätigt worden, allerdings musste die Frage der gewerblichen Tätigkeit nicht vom BGH entschieden werden.2 Daher blieb diese Frage „unentschieden“.

Aktuell ist jetzt noch ein Verfahren eines Rechtsanwaltskollegen aus Süddeutschland beim Bundesfinanzhof anhängig, in dem es darum geht, ob seine Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter ein Gewerbe darstellt.3

Nun hat aber im Oktober der Bundesgerichtshof (BGH) ein interessantes Urteil gesprochen, das hier abrufbar ist:

Es gibt viele Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die als Datenschutzbeauftragte tätig sind. Das ist per se nicht ungewöhnlich. Denn gerade die Aufgaben von Datenschutzbeauftragten sind durch die DSGVO mehr und mehr in den Bereich der Beratung im Hinblick auf die Einhaltung von Datenschutzvorschriften hineingerutscht.

So sieht Art. 39 Abs. 1 lit. a) DSGVO es als Aufgabe von Datenschutzbeauftragten ausdrücklich vor, diese das Unternehmen (oder die öffentliche Stelle) und die Beschäftigten, die Verarbeitungen durchführen, hinsichtlich ihrer Pflichten nach der DSGVO sowie nach sonstigen, jeweils geltenden Datenschutzvorschriften beraten.

Das klingt schon sehr nach klassischer Anwaltstätigkeit, ist es doch – vereinfacht formuliert – Beratung im Recht, also Rechtsberatung. Und genau darauf hat nun auch der BGH in der o.g. Entscheidung abgestellt.

Worum ging es in dem Verfahren?
In dem Verfahren wollte eine Mitarbeiterin des öffentlichen Rundfunks, die dort als Datenschutzbeauftragte tätig ist, ihre Zulassung als Syndikusanwältin bei der örtlichen Anwaltskammer durchsetzen. Die Rechtsanwaltskammer hat die Zulassung als Syndikusanwältin u.a. damit abgelehnt, dass die Tätigkeit im öffentlichen Dienst (hier: Rundfunk) nicht mit dem Beruf des Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängigem Organ der Rechtspflege, vereinbar sei oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann. So hat es denn auch der Anwaltsgerichtshof in dem Urteil, mit dem sich nun der BGH hier beschäftigt hat, gesehen.4

Aber der BGH nimmt nun – und zwar insbesondere auch wegen der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte – sehr wohl an, dass die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte nach den Umständen des Einzelfalles eine Anwaltstätigkeit sein kann. Und damit eben auch kein Gewerbe.

Interessanter- und richtigerweise begründet der BGH dies insbesondere auch durch die Änderungen an den Aufgaben von Datenschutzbeauftragte durch Einführung der DSGVO. So sei die Komplexität der mit der DSGVO verbundenen rechtlichen Fragen gestiegen. Und auch dass eine Datenschutzbeauftragte andere als rechtliche Kenntnisse vorweisen müsse, spreche nicht gegen die Annahme einer Anwaltstätigkeit. Und dann führt der BGH wörtlich aus:

Denn der Kern und der Schwerpunkt der Tätigkeit eines Datenschutzbeauftragten liegen, wie der Anwaltsgerichtshof richtig gesehen hat, grundsätzlich in der Auslegung und Anwendung der datenschutzrechtlichen Vorgaben sowie in der Überwachung der Einhaltung dieser Vorgaben. Dies ergibt sich bereits aus dem Inhalt der Vorschriften nationalen Rechts und des Unionsrechts über die Aufgaben des Datenschutzbeauftragten.

Boom! Viele Anwälte wird das sehr freuen, wenn sie als Datenschutzbeauftragte tätig sind. Wenn jetzt noch der Bundesfinanzhof im o.g. Verfahren entsprechend entscheidet, besteht kein Bedürfnis für Anwälte und Anwaltskanzleien mehr, die DSB-Tätigkeit in gesonderte Gesellschaften auszulagern.

Aber: Es ändert nichts an dem Problem, dass ein Anwalt eines Unternehmens, der dieses in vielen Bereichen berät, eine Interessenkollision haben kann, wenn er zugleich Datenschutzbeauftragter des Unternehmens ist. Zu dieser Problematik hat sich Kollege Niko Härting aber schon entsprechend ausgelassen:

  • Härting, Alles aus einer Hand – gibt es Grenzen?, Anwaltsblatt 2018, 76 ff – das Heft ist hier als PDF abrufbar.
  1. Vgl. AGH Hamburg, Urt. v. 22.6.2017 – AGH I ZU(SYN) 11/2016 (I-6)
  2. BGH, Urteil vom 15.10.2018 , Az: AnwZ (Brfg) 20/18
  3. Das Verfahren hat beim BFH das Aktenzeichen VIII R 27/17.
  4. AGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.02.2017, Az.: 1 AGH 32/16